www.wernerhirsch.de
Elektronikprojekte

Selbstbau 3-Wege Aktivbox

- 3-Wege Aktivbox mit TDA7293 Endstufen - 50W Sinus pro Weg an 4Ohm. - Visaton Chassis W200S/B80/G20SC - Materialkosten ca. 570 EUR/Paar - Alternative "Low Cost" Bestückung mit WS20E/FRS8/DT94

Einführung / Voraussetzungen

Nachdem die 2-Wege Aktivboxen über die letzten Jahre gute Dienste geleistet haben, wollte ich noch mal was neues machen. Da 2-Wege Systeme oftmals bei der Übergangsfrequenz an den Grenzen der Übertragungsbereiche arbeiten, führten die Vorüberlegungen zu einer klassischen 3-Wege Kombination, natürlich wieder als aktive Boxen. Da hier mit Netzspannung gearbeitet wird, bitte den folgenden Abschnitt aufmerksam lesen: !!! Achtung Netzspannung !!! Arbeiten an oder mit Netzspannung sollten nur von autorisierten Personen durchgeführt werden. Der Nachbau erfolgt auf eigenes Risiko des Nutzers. Der Nutzer trägt die alleinige Verantwortung für die Einhaltung aller geltenden Sicherheitsvorschriften. Der Autor übernimmt keinerlei Haftung für Sach- oder Personenschäden, die durch die Verwendung oder Nichtverwendung der dargebotenen Information entstehen. Siehe auch Haftung Für den Betrieb der Aktivboxen sollte ein Vorverstärker mit einem Ausgangspegel von ca. 500mVeff vorhanden sein. Hat man den nicht, kann man sich auch einen selber bauen. Hier ist ein passendes Steuergerät/Vorverstärker, das bis zu 8 Audioeingänge und eine Lautstärkeeinstellung besitzt, über eine Infrarot Fernbedienung steuerbar ist und die Netzspannung für die Aktivboxen steuert: AB_Steuergerät Für die Schaltung wird ein Mikrocontroller PIC12F508 verwendet, der mit der im Downloadordner am Ende der Seite aufgeführten Datei "AB_P12F508.hex" programmiert werden muss. Ist kein geeignetes Programmiergerät vorhanden, kann ein einfaches Gerät (JDM-Programmer) selbst gebaut werden. Voraussetzung hierfür ist ein PC mit "echter" 9-poliger RS232 Schnittstelle (USB auf RS232 Adapter funktionieren in der Regel nicht). Wer auf die Mikrokontroller Steuerung verzichten möchte, kann die Box natürlich auch ohne betreiben. In diesem Fall empfehle ich aber eine einfache Mute/Standby Steuerung einzubauen, die ein relativ geräuschfreies Ein-/Ausschalten ermöglicht. Voraussetzung sind gute Netzschalter, die keine höherfrequenten Spannungsspitzen beim Abschalten erzeugen. Ideal sind elektronische Relais, die im Nulldurchgang schalten.

Beschreibung der Schaltung

Die Elektronik besteht im Wesentlichen aus der aktiven Frequenzweiche, den Endstufen, der Stromversorgung und einem Mikrocontroller zur Steuerung/Überwachung. Nachfolgend der Stromlaufplan: Da sich das Schaltungskonzept der 2-Wege Boxen bewährt hat, wurden die Stromversorgung, die Endstufen und die Steuerung komplett übernommen. Daher wird hier auf eine Beschreibung verzichtet. Wenn die Boxen überwiegend bei hoher Ausgangsleistung betrieben werden, sollte ggf. die Trafoleistung erhöht (z.B. 2x15V~, 160VA), die Sicherungen F2/F3 auf 4A verstärkt und eventuell die Kapazität von C1/C2 verdoppelt werden. Wer die Boxen mit einer Fernbedienung Ein-/Ausschalten möchte, kann die gezeigte Steuerung durch eine Steuerung mit IR-Empfänger ersetzen. Die aktive Frequenzweiche ist für die Lautsprecherkombination W200S-4Ω, B80-8Ω und G20SC-8Ω ausgelegt. Über die Cinch Buchse SV4, C38 und R26 gelangt das Eingangssignal an den nichtinvertierenden Eingang (Pin3) von IC7A, das als Eingangspuffer mit der Verstärkung 1 dient. Vom Ausgang der Pufferstufe (IC7A, Pin1) geht das Signal einerseits an den Eingang des Tiefpassfilters (IC7 B) für den Tieftöner und andererseits auf die Pegeleinstellstufen für den Mitteltöner und den Hochtöner. Die Pegeleinstellstufe für den Mitteltonkanal besteht aus dem 16-stufigen Codierschalter SW2, den Widerständen R31, R32-R35 und IC9A. Über SW2 ist der Pegel zwischen 0,69 und 1,47 ( -3,2dB bis +3,3dB) einstellbar, um Schalldruck Unterschiede zwischen Mittel- und Tieftöner auszugleichen. Die Kennlinie ist aus der Abbildung ersichtlich. Die Pegeleinstellstufe für den Hochtöner ist identisch aufgebaut. Die Verwendung eines Codierschalters hat den Vorteil von reproduzierbaren Pegeln, der Schalter kann natürlich auch gegen einen Trimmer oder einen Festwiderstand ersetzt werden. Für den Tieftöner werden zwei 12dB Tiefpassfilter in Reihe geschaltet. Der erste (IC7B,R27,R28,C39-C41) hat eine Übergangsfrequenz Fü von 310Hz bei einem Q von 0,65. Der zweite (IC8A,R29,R30,C42-C44) hat ein Fü von 254Hz bei einem Q von ebenfalls 0,65. Für den Mitteltöner wird ein 12dB Hochpass, ein 6dB Hochpass, ein 6dB Tiefpass und ein 12dB Tiefpass in Reihe geschaltet. Der 12dB Hochpass (IC9B,R38,R39,C45,C46) hat ein Fü von 250Hz bei einem Q von 0,97, der 6dB Hochpass (C47,R40) ein Fü von 226Hz. Der 6dB Tiefpass (IC10A,R41,C48) hat ein Fü von 2,68kHz und der 12dB Tiefpass (IC10B,R42,R43,C49,C50) ein Fü von 2,77kHz bei einem Q von 0,87. Die Übergangsfrequenzen zwischen 6dB Hochpass und 6dB Tiefpass liegen relativ weit auseinander. Dadurch ist die gegenseitige Beeinflussung gering, sodass auf eine zusätzliche Pufferstufe verzichtet werden kann. Für den Hochtöner wird ein 12dB Hochpass und ein 6dB Hochpass in Reihe geschaltet. Der 12dB Hochpass (IC11B,R51,R52,C51,C52) hat ein Fü von 3,59kHz bei einem Q von 0,67, der 6dB Hochpass (IC8B,C53,R53) ein Fü von 2,68kHz. Die Frequenzgänge der Weiche sind aus nebenstehender Abbildung ersichtlich. Von den Ausgängen der Filter werden die getrennten Signale zu den Endstufen geführt. Für alle Widerstände sollten Metallfilmwiderstände mit 1% Toleranz und für die frequenzbestimmenden Kondensatoren Folienkondensatoren mit geringen Toleranzen verwendet werden. Bei Verwendung von Kondensatoren mit höheren Toleranzen empfiehlt es sich die doppelte oder drei-fache Menge zu beschaffen und die Kondensatoren zu selektieren, die am dichtesten am Sollwert liegen. Für IC7-IC11 wurden die rauscharmen NE5532 gewählt.

Aufbau der Elektronik

Die Elektronik befindet sich in einem abgeteilten Fach im oberen Teil der Box. Die Front des Fachs besteht aus dem Kühlkörper mit 227mm x 50mm, einem oberen Alu Winkel 25mm x 15mm x 1,5mm und einem unteren Alu Winkel von 15mm x 15mm x 1,5mm, sodass eine Front von 227mm x 90mm entsteht. Zwei Alu Winkel 25mm x 15mm x 1,5mm rechts und links ermöglichen eine einfache Montage des Moduls. Der Aufbau der Elektronik erfolgt auf 4 Streifenrasterplatinen (siehe auch Sonstiges => Streifenrasterplatinen). Die Stromversorgungsplatine und die Endstufenplatine sind von unten an dem Kühlkörper bzw. dem unteren Alu Winkel angeschraubt, während die Frequenzweichen- und Steuerungsplatine von oben montiert sind. Distanzrollen von 3mm Länge sorgen für den nötigen Abstand zwischen Platine und Alu Winkel. Die Leistungs- ICs werden isoliert auf dem Kühlkörper montiert, da das IC-Gehäuse mit der negativen Versorgungsspannung verbunden ist. Da ich keine speziell für Multiwatt15 passenden Glimmerscheiben gefunden habe, verwende ich Glimmerscheiben für TO218, die etwas knapp in der Breite sind, jedoch gerade noch passen. Bei Verwendung von Streifenraster müssen die vorderen Reihen der Leistungs- IC Beine um einen halben Lochabstand von der Mitte nach außen gebogen werden, damit sie in das 2,54mm Raster passen. Die +/- 5V Spannungsregler benötigen normalerweise bei den geringen Strömen keine Kühlung, sind aber trotzdem auf dem Kühlkörper isoliert montiert. Nachfolgend einige Fotos des Aufbaus. Das Platinenlayout, der Bestückungsplan und die Stückliste befinden sich im Downloadordner am Ende der Seite. Stromversorgung und Endstufen Steuerung und aktive Frequenzweiche Montage der Platinen (andere Steuerung mit IR-Empfänger)

Gehäuse

Das Gehäuse sollte eine Echtholz Oberfläche haben, die gebeizt und lackiert werden kann. Deshalb wurde als Material Birkenmultiplex gewählt, wobei alle von vorne sichtbaren Kanten auf Gehrung geschnitten wurden. Mit diese Bauweise erspart man sich, mit Ausnahme der Fasen, das Furnieren. Allerdings ist hierfür eine gute Tischkreissäge und sehr genaues Arbeiten erforderlich. Soll das Gehäuse später furniert oder farbig lackiert werden, ist der Aufbau natürlich wesentlich einfacher und als Material würde ich MDF Platten empfehlen. Für höhere Stabilität und Vereinfachung des Zusammenbaus sind Rückwand, Seitenwände und Boden mit Nut und Feder (BxT = 8x3mm) versehen. Damit überschüssiger Leim austreten kann, sind ca. alle 25mm kleine Austrittskanäle mit einer Rundfeile (ca.1mm tief) eingearbeitet. Nachdem alle Teile auf Maß zugeschnitten und ggf. Nuten und Federn gefräst sind werden die 45° Gehrungsschnitte angebracht: an der Frontplatte oben, rechts und links, an den Seitenwänden oben und vorne und an der Deckplatte vorn, rechts und links. Es empfiehlt sich die Gehrungswinkel etwas spitzer auszuführen (ca. 0,5°), damit die Kanten außen auf jeden Fall geschlossen sind. Anschließend werden die Öffnungen für die Lautsprecher, das Bassreflexrohr, den Trafo und den Einbaustecker gefräst, bzw. ausgesägt sowie die Durchbrüche in den beiden Versteifungsplatten ausgesägt. Da das Elektronikmodul ca. 7mm breiter ist, als das Elektronikfach, müssen die Seitenwände im Bereich des Kühlkörpers ca. 4mm tief ausgefräst werden. Für den Zusammenbau empfiehlt sich folgende Reihenfolge: Als erstes wird eine Seitenwand, die Rückwand und die Bodenplatte verleimt. Anschließend werden die beiden Versteifungsplatten, die Elektronikfachbodenplatte und die Platten für das Mitteltönergehäuse verleimt. Dann wird die zweite Seitenwand und die Deckplatte verleimt. Zum aufbringen des nötigen Drucks beim verleimen der Deckplatte empfiehlt sich die Verwendung von langen Schraubzwingen oder Spanngurten. Sind die Platten sehr eben kann es auch reichen, die Deckplatte mit einigen Steinen zu beschweren. Dann wird die Rückwand des Elektronikgehäuses und das Trafogehäuse verleimt. In das Trafogehäuse wurde zuvor zentral eine Mutter M5 für die Befestigung des Trafos eingepresst (Ø 5,5mm Durchgangsbohrung und Ø 8mm ansenken Der schwierigste Teil ist das saubere Einpassen der Frontplatte, da hier etliche Flächen aufeinandertreffen. Ich habe die Bodenplatte, die Versteifungsplatten und die Platten des Mitteltönergehäuses mit 2mm Übermaß in Richtung Front zugeschnitten und eingebaut. Anschließend ist dieses Übermaß schrittweise wieder abgefräst, bis die Frontplatte sowohl außen an den Gehrungsschnitten als auch auf den abgefrästen Platten sauber aufliegt. Zum Fräsen wurden 2 Schienen rechts und links vom Gehäuse mit Schraubzwingen befestigt, um die Gehrungskante nicht zu beschädigen, und zwei Schienen als Führung für die Oberfräse quergelegt. Zum Verleimen der Frontplatte habe ich diese auf eine mit dünner Kunststofffolie überzogene Arbeitsplatte gelegt, alle Leimflächen beidseitig mit Leim bestrichen und das Gehäuse von oben aufgesetzt und mit Schraubzwingen angepresst. Dadurch verbleibt der gesamte Leim im Bereich der Fugen. Durch die Folie wird ein Verkleben mit der Arbeitsplatte vermieden. Nun müssen noch die 45° Fasen angebracht werden. Dieses kann entweder auf der Kreissäge erfolgen, oder mit der Oberfräse. Anschließend werden die Fasen noch furniert. Als Furnier habe ich die Deckschicht von Multiplex Abfallstücken auf der Kreissäge abgetrennt (ca. 1mm dick). Einfacher ist es, sich das Furnier aus einer Tischlerei zu besorgen. Das Bassreflexrohr wurde aus einem Abflussrohr DN75 mit einem Innendurchmesser von 70,6mm hergestellt, wobei das eine Ende hinter der Aufweitung zur Muffe abgetrennt wurde, sodass hier ein leichter Konus vorhanden ist. Dieses sorgt für eine bessere Strömungsführung und einen festen Halt in der Gehäuserückwand. Für die Dämmung wurden 250g Polyesterwolle verwendet, davon ca. 15g für das Mitteltönergehäuse, ca. 110g hinter dem Tieftöner und je ca. 62g im oberen und unteren Bereich der Box. Im unteren Bereich ist darauf zu achten, dass die Öffnung des Bassreflexrohrs frei bleibt. Kabeldurchführungen und eventuell vorhandene Ritzen im Gehäuse sollten mit Silikon abgedichtet werden, um Strömungsgeräusche zu vermeiden. Als Brandschutz sind die Fächer für die Elektronik und den Trafo mit 0,5mm Blech ausgekleidet.

Messwerte

Die nachfolgende Grafik zeigt den Frequenzgang der Box, wobei die Werte > 200 Hz gemessen wurden, während die Werte bis 200Hz mit dem Programm Boxsim simuliert wurden, da ich nicht die Möglichkeit habe, Frequenzen unterhalb 200Hz ohne den Einfluss von Raumreflektionen zu messen. Boxsim ist ein umfangreiches, sehr zu empfehlendes Simulationsprogramm für Visaton Chassis, das kostenlos von der Visaton Seite oder der boxsim Seite heruntergeladen werden kann. Für die Messungen wurde ein Beyerdynamic MM1 verwendet. Die Pegeleinstellung des Mitteltöners liegt bei +1,6dB (Schalterpos. 3) und +2,1dB (Schalterpos. 2) für den Hochtöner. Klanglich bietet die Box kräftige und weit nach unten reichende Bässe, saubere Mitten und kristallklare Höhen.

Andere Lautsprecherkombinationen

Wem die empfohlene Lautsprecherkombination zu kostspielig ist, kann das Gehäuse auch mit einer "Low Cost" Kombination, bestehend aus den Visaton Chassis WS20E-4Ω, FRS8-4Ω und DT94-8Ω bestücken, nebenstehend der Frequenzgang. Für diese Kombination entfällt das Bassreflexrohr und die Aktive Weiche hat andere Parameter. Natürlich müssen auch die Öffnungen für die Lautsprecher in der Gehäusefront angepasst werden. Eine Zeichnung mit Stromlaufplan, Platinenlayout und Bestückung findet sich im Downloadordner am Ende der Seite. Der WS20E wird über einen Kondensator von ca. 1000µF (alternativ 2 x 470 µF parallel oder 3 x 330 µF parallel. Achtung, nur bipolare Tonfrequenz Elkos verwenden) angeschlossen und der Mittel- und Hochtöner müssen verpolt werden, d.h. der Pluspol der Lautsprecher liegt an Masse. Die Pegeleinstellung des Mitteltöners liegt bei +0,6dB (Schalterpos. 5) und -1,9dB (Schalterpos. B) für den Hochtöner. Klanglich bietet die Box knackige Bässe, passable Mitten und spritzige Höhen, aus meiner Sicht liefert diese Kombination ein sehr ordentliches Preis-/Leistungsverhältnis. Für dieses Projekt wurde ein Testgehäuse gebaut, in dem alle Frequenz- und Phasengänge der 6 erwähnten Chassis ohne Frequenzweiche gemessen wurden. Dabei wurden jeweils 2-3 Chassis des gleichen Typs vermessen, um Unterschiede zu erkennen. Für alle Chassis waren die Daten in den interessierenden Frequenzbereichen weitgehend vergleichbar, bis auf den DT94. Während ein DT94 eine starke Überhöhung bei 1,5kHz aufweist, ist der zweite in diesem Bereich viel zu flach, und nur der dritte entspricht etwa dem zu erwartenden Amplitudenverlauf. Ob diese Streuung typisch für den DT94 ist kann ich nicht beurteilen, jedenfalls wurde die Frequenzweiche mit 18dB relativ steil ausgelegt, sodass sich diese Unterschiede nicht zu stark bemerkbar machen. Alle gemessenen Daten befinden sich in der Excel Datei "AB_3W_Chassisdaten.xlsx" im Downloadordner am Ende der Seite. Mittels einer weiteren Datei "AB_3W_Frequenzweiche.xlsx", die sich ebenfalls im Downloadordner befindet, wurde für die Chassisdaten die Frequenzweiche bestimmt. Ein Vergleich der berechneten Gesamtfrequenzgänge zu den gemessenen Gesamtfrequenzgängen zeigt eine gute Übereinstimmung.

Download

Der unten aufgeführte Ordner beinhaltet alle relevanten Dateien, die für den Nachbau benötigt werden. Aktivbox_3-Wege.zip 13.10.2017: Seite erstellt 30.10.2017 Abschnitt “Andere Lautsprecherkombinationen” erstellt.
Selbstbau 3-Wege Aktivbox